AEG 35941 G Bedienungsanleitung Seite 10

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Aus der Geschichte der Universität Gießen
Die Universität Gießen („Ludoviciana" - „Ludwigs-Universität”, seit der zweiten
Nachkriegszeit,,,Justus-Liebig-Universität") gehört zu den alten Hohen Schu-
len des deutschen Sprachgebiets. Sie entstammt dem zweiten großen mittel-
europäischen Gründungszeitalter, dem nachreformatorisch-konfessionellen,
das von der 1527 errichteten Universität Marburg eingeleitet worden ist. Zuvor
waren hessische Studenten vor allem nach Erfurt (seit 1392) und vorher nach
Prag (seit 1348), Frankreich und Italien gezogen. Landgraf Ludwig V. von
Hessen-Darmstadt schuf eine Universität im zweiten, nördlichen Zentrum sei-
nes kleinen Landes, 1607 in Gießen, als weiterhin lutherische Anstalt, weil
Marburg nach der Teilung Hessens kalvinistisch geworden war. Im leidvollen
Auf und Ab des Dreißigjährigen Krieges kam es zur Suspension der Ludoviciana
zugunsten des alten Standorts (1624/25). Der Westfälische Friede führte zur
Wiederherstellung der Universität in Gießen (1650).
Im 17. und 18. Jahrhundert kann die Ludoviciana als typische kleine protestanti-
sche Landesuniversität gelten, die wie üblich mit vier Fakultäten ausgestattet
war, mit Theologie, Jurisprudenz, Medizin und Philosophie (die die heutigen
Geistes- und Naturwissenschaften in der damaligen Form umfaßte). Etwa
zwanzig Professoren belehrten mehrere hundert Studenten, zumeist „Landes-
kinder”. Man fühlte sich vor allem der mitteldeutschen Universitätslandschaft
zugehörig. Den Juristen kam am ehesten überregionale Bedeutung zu. Die
zeitübliche Modernisierung des 18. Jahrhunderts, von Halle und Göttingen,
aber auch vom Landgrafenhof beeinflußt, spielte sich im Rahmen eines armen
Landes ab. Beachtenswert ist der Aufbau einer Ökonomischen Fakultät (1777-
1785), in welcher neue praxisnahe, mühsam um Anerkennung ringende Fächer
wurzelten: Veterinärmedizin, Land- und Forstwirtschaft, technische Disziplinen
(diese wurden 1874 nach Darmstadt a/jointfilesconvert/425402/bgegeben).
Am Zeitalter der „klassischen” Universität, der Blütezeit des 19. Jahrhunderts,
hatte die Ludoviciana, weiterhin die-einzige Universität eines nun größer gewor-
denen Landes, im wissenschaftlichen Bereich überproportionalen, quantitativ
gesehen weiterhin eher bescheidenen Anteil. Auf dem Weg des Professors vom
Gelehrten zum Wissenschaftler, d.h. von der regional-familiengebundenen zur
sprachgebietsweiten-disziplinbezogenen Auslese geschah in Gießen Bemer-
kenswertes. Der Chemiker Justus Liebig, einer der „Könige der Wissenschaft',
der Jurist Rudolf von Ihering, die Theologen Adolf Von Harnack und Hermann
Gunkel, der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen, ganz am Anfang schon der
Altertumswissenschaftler Friedrich Wilhelm Weicker und andere ließen die
Ludoviciana im Wettbewerb der Universitäten als jugendlich-modern, gar als
liberal erscheinen. Eine katholisch-theologische Fakultät bestand von 1830 bis
1851, um 1830 begann die Stabilisierung der „jungen” Wissenschaften (s.o.). Es
festigte sich die für Gießen bis heute typische ungewöhnliche Vielfalt der
Studienfächer. Man war auch auf dem Weg zur deutschen Universität, so daß
sich die zentrale Lage und die „Zuständigkeit` für das Zentrum Frankfurt am
Main auszuwirken begannen. Neben Jena war Gießen der Prototyp der politi-
sierten Vormärz-Universität (1809-19,1832-35 mit Georg Büchner, 1848-49). Im
Kaiserreich seit 1871 trat der „take-off' zur modernen Universität ein. Im Jahr
1902 überschritt die Studentenzahl die Grenze von eintausend, von der Ausbil-
dungsstätte des Beamten- und Pfarrerbürgertums war man zur Bildungsstätte
des besitzenden Bürgertums geworden.
Der Erste. Weltkrieg ließ diese Lebensform einstürzen und eröffnete ein Zeitalter
der Krisen. Unter unglücklichen Rahmenbedingungen bemühte sich derVolks-
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